Donnerstag, 31. Mai 2012

In Dresden zu Hause

Man kann auf Godot warten, auf bessere Zeiten, auf den Weihnachtsmann. Die Zeiten, in denen ich auf den Weihnachtsmann gewartet habe, entziehen sich schon fast meiner Erinnerung. Auf Godot warten andere und auf bessere Zeiten alle. Also warte ich im Bürgeramt darauf, aufgerufen zu werden. Es bleibt mir verwehrt, eine Nummer ziehen zu können, die mir gnadenlos meinen Status in der Reihe der Ungeduldigen verraten hätte. Der Automat ist defekt. Für die Damen und Herren hinter den Schaltern vielleicht ein willkommener Anlass, für ein paar Schritte die andere Seite des Zauns verlassen zu können, um die Bürger persönlich im Vorraum abzuholen. Die sächsische Einbürgerung geschieht fast geräuschlos. Keine Fanfaren, kein Klatschen, kein anerkennendes Schulterklopfen. Nur als mein Gegenüber unter den Tisch greift, um eine knallgelbe Tüte auf den Tresen zu befördern, huscht ein stolzes Strahlen über sein Gesicht. Die Willkommenstüte will mir meine neue Heimat näherbringen und immerhin wird die Lektüre einer der darin befindlichen Unterlagen meine Abfallbeseitigungskenntnisse vertiefen. Ich bedanke mich freundlich, mein Personalausweis weist mich nun als Dresdnerin aus und die Tüte freut sich für mich.


Neben den Hinweisen zur Mülltrennung beinhaltete die gelbe Tüte auch ein Gutscheinheft für kulturelle Handlungen.

Dienstag, 29. Mai 2012

Grüne Aussichten

Bei durchschnittlich 100 km/h Reisegeschwindigkeit darf die Fahrt in die Residenzstadt wohl als gemütlich bezeichnet werden. Der langsamste Transporter gibt den Ton an, die Kolonne folgt genügsam. Die Wehmut hat sich mit der Müdigkeit verbrüdert. Zwischen den Kisten haben die beiden Platz genommen und lassen es sich nicht nehmen, mir ab und an mit spitzen Fingern in die Seite zu piksen. Dem Verlauf der Reise tut das aber keinen Abbruch und Elbflorenz empfängt uns am Abend bei noch strahlendem Sonnenschein mit offenen Armen.

Die zahlreichen Kisten finden dank zahlreicher Helfer schnell an ihren Platz, aber lassen verlauten, dass sie ihren Inhalt nur zögernd freigeben werden. Da ich selbst erst ankommen muss, kann ich verstehen, dass mich meine sieben Sachen nicht überholen wollen. Bleibt die grüne Aussicht und die Frage, ob da nicht mal Berge waren.



Freitag, 25. Mai 2012

Blaues Finale...

oder die Frage nach den 20 Brezen.

Ein melancholischer Abschied, ein letztes Gespräch auf dem Parkplatz und eine schwer behängte Pflanze, die sich zu der Kaffeekanne in die Reihe der Wartenden auf einen Sitzplatz gesellt hat. So das Resümee des heutigen Tages, der vom Abschied geprägt war. Schneller, als letztlich doch erwartet, stand das Ende vor der Tür, hat vor dem leeren Schreibtisch zum Aufbruch gedrängt. Die Tasche voller Erinnerungen als Beifahrerin platziert, fühlt sich die Kaffeekanne etwas vernachlässigt. Aber man muss ja schließlich Prioritäten setzen.


  
PS: Liebe A., im Kühlschrank im Raum 031 werden 20 Brezen von traurig-süßer Butter vermisst. Bevor ich gegangen bin, hat sie mir allerdings verraten, dass sie als Entschädigung stattdessen gern in einem Kuchen ihr Ende finden will. ;-)  

Mittwoch, 23. Mai 2012

Kofferkisten



Würde ich mehr als einen Koffer besitzen, würde ich mit Fug und Recht behaupten können, auf gepackten Koffern zu sitzen. So sitze ich nun auf gepackten Kisten, die ihrer Abreise in die Residenzstadt genauso ungeduldig entgegen sehen, wie ich es tue. Der Verpackung trotzt einzig die Kaffeekanne, die sich beharrlich weigert ihre Reiseposition einzunehmen und angekündigt hat, erst einzusteigen, wenn alles andere seinen Platz gefunden hat. Ich unterstütze sie in ihrem Vorhaben, aber weise mütterlich darauf hin, dass sie nur mehr zwei Tage Zeit hat sich von der alten Wirkungsstätte zu verabschieden. Zwei Tage trennen uns und die Kisten noch von der langen Reise, in deren Verlauf die oberbayerische Kleinstadt immer weiter entschwinden wird, bis der Rückspiegel ihre Fährte verliert und der Blick nach vorn behände das Elbflorenz zu fassen sucht.